Auf dieser Seite findest Du Kurzgeschichten, die ich selbst geschrieben habe. Sie sollen Dich für eine kurze Zeit auf andere Gedanken nehmen….. Nimm sie mit in den Rest Deines Tages. Viel Freude beim Lesen
Unterm Regenschirm
Draußen regnet es seit Stunden in Strömen. Der Wind pfeift durch jede Ritze im Haus. Dodo schüttelt sich beim Blick aus dem Fenster. Da lässt man ja nicht mal seinen schlimmsten Feind vor die Tür, denkt sie. Doch es hilft ja nichts. Der Hund muss raus. Naja, wenn es nach ihm geht, dann bleibt er gerne noch den ganzen Tag in seinem Körbchen liegen. Denn auch er hasst den Regen.
Aber der Wetterbericht zeigt an, dass es den ganzen Tag nicht besser werden soll. Also können sie auch jetzt gleich gehen.
Dodo steht auf, zieht sich ihre kuscheligen Wollsocken über ihre dünnen Strümpfe, schlüpft in ihre dicken Winterstiefel und holt Schal und Mütze aus dem Regal. Als sie sich die Regenjacke angezogen hat, die schöne blaue mit dem Schaffell drinnen, und mit der Leine wedelt, bequemt sich auch der Hund aus seinem Korb. Mitleidig sieht sie ihn an. „Es hilft nichts! Du musst bestimmt schon seit Stunden Pipi“, sagt sie zu ihm und klickt die Leine am Halsband fest. Los geht’s.
Dodo nimmt sich den Regenschirm und schließt die Tür.
Zuerst gehen die beiden missmutig ihren Weg. Alles ist grau und trüb, der Wind zieht durch die Kleidung, dem Hund fliegen die Schlappohren um den Kopf.
Als sie das weite zugige Feld hinter sich gelassen haben, wird es besser.
Jetzt gehen sie durch ein kleines Waldstück. Hier merkt man den Wind nicht so sehr. Auch scheint es, als hätte der Regen nachgelassen. Die Bäume geben Schutz und der Regenschirm über dem Kopf ist wie ein kleines Zelt, das Dodo vor der Außenwelt abschirmt. Auf einmal fühlt sie sich wohl. Geborgen. Sie wandert unter den Bäumen im Regen und hat einen Schutzschild um sich herum. Eine Hülle, die sie zur Ruhe kommen lässt. Sie hört den Regen auf den Regenschirm prasseln. Gleichmäßig und ruhig. Es fühlt fast an wie eine Massage für die Ohren. Ein sanftes, regelmäßiges Klopfen aufs Trommelfell. Sie atmet die frische Luft. Ihre Lungen füllen sich mit Sauerstoff, ihre Muskeln am Rücken entspannen sich bei jedem Schritt. Ihr Körper lebt förmlich auf. Noch eben ist sie gebückt und in sich zusammengesunken über das Feld gelaufen, jetzt geht sie aufrecht und alles entspannt sich. Die Bäume wirken auf einmal nicht mehr grau und deprimierend, sondern braun, warm und Dodo nimmt jedes einzelne grüne Blatt wahr, das noch an den Ästen hängt. Sie atmet noch einmal tief ein und lange aus. Alle Anspannung fällt von ihr ab. Sie geht weiter und in ihrer kleinen Welt unter dem Regenschirm entspannt sie sich. Sie bleibt kurz stehen und denkt: hier unter meinem Schirm fühlt es sich genauso schön an, wie wenn ich jetzt auf einem gemütlichen Sofa in eine dicke Decke gewickelt vor einem großen Fenster sitzen würde und in den Regen schauen würde. Es wäre gemütlich. Aber hier unter meinem Schirm, habe ich noch die frische Luft und kann die Vögel hören, die langsam wieder aus ihren Verstecken kommen, wenn der Regen nachlässt.
Der Hund, der mittlerweile pitschnass ist, kommt glücklich mit einem großen Stock im Maul auf sie zugelaufen. Auch er genießt die Ruhe. Niemand sonst ist unterwegs. Sie haben den ganzen Weg für sich alleine.
Lächelnd geht Dodo weiter. Unter ihrem Regenschirm. Hört die Regentropfen über ihrem Kopf leise prasseln, atmet den nassen, lebenspendenen Duft des Wassers ein und macht sich auf den Heimweg. Zu Hause wird sie sich eine warme Tasse Kakao machen und sich in eine warme Decke aufs Sofa kuscheln.
Kopfkino und Meeresrauschen
Die Gedanken rasen mal wieder seit Wochen in Dodos Kopf. Manchmal hat sie das Gefühl, in ihrem Gehirn gibt es gleich einen Kurzschluss. Alle Gedanken kreisen wirr durcheinander.
Hab ich alles für die Reise gepackt? Haben die Kinder ihre Zimmer aufgeräumt? Warum haben wir das kleine Appartement gebucht und nicht das große? Ich brauche Urlaub, aber was ist mit der Arbeit? Habe ich alles erledigt? Nein, dieses eine Ding habe ich nicht fertig gemacht. Oh nein. Ist es schlimm? Ich muss das Treffen mit meiner Freundin noch verschieben, weil wir da doch keine Zeit haben. Wird sie enttäuscht sein? Ich muss unbedingt noch Mama anrufen, sonst macht sie sich wieder Sorgen und das soll sie nicht. Aber ich habe eigentlich auch gar keine Zeit für ein langes Telefonat. Haben wir genug eingekauft? Ich muss noch das ganze Haus putzen, bevor wir fahren.
Alles geht durcheinander. Gleich explodiert mein Kopf. Bin ich verrückt??? Muss ich mir helfen lassen? Oder platzt vielleicht einfach gleich ein kleines Blutgefäß in meinem Kopf?
So geht es Dodo oft in den letzten Wochen. An Entspannung oder gar Schlaf für mehr als 4 Stunden ist nicht zu denken. Dodo ist völlig erschöpft. Yoga, Spaziergänge, Meditation. Sie hat alles probiert. Nichts funktioniert. Es ist vielmehr, als wäre all das für das Kopfkino eine Einladung um so richtig loszulegen!
….. und dann kommt sie an der Nordsee an….. Steigt aus dem Auto, atmet die salzige Luft ein. Kann zum ersten Mal seit Wochen tief bis in die unteren Ecken der Lunge einatmen.
So schnell sie kann, geht sie über den Deich zum Strand. Ihre Füße berühren den weichen, warmen Sand, die Augen schauen ins blaue Meer, der Wind streichelt ihr Gesicht und sie atmet die salzige Luft ein….. das Rauschen des Meeres schaltet alle Gedanken aus.
In Dodos Kopf wird es ganz ruhig.
Einatmen, Ausatmen…… Stille…..Meeresrauschen….Entspannung.
